GÜTERVERKEHR

Auch im Vest Recklinghausen wurden temporär Güter mit der Straßenbahn befördert. Die Güterbeförderung wurde jedoch erst 1919 und damit deutlich später als bei den benachbarten Betrieben aufgenommen.

Drei Anschlussgleise wurden an der Strecke von Recklinghausen über Suderwich nach Datteln angelegt: zur Ziegelei Tillmann (489 Meter), zur Kohlenkippe der Zeche Emscher-Lippe (210 Meter) sowie in der Kolonie der Zeche Emscher-Lippe (600 Meter). Ein weiteres Anschlussgleis führte von der Strecke Recklinghausen – Erkenschwick – Datteln zur Ziegelei Gertz (636 Meter). Später kamen noch ein kurzes Ladegleis an der Zeche Brassert (60 Meter) an der Strecke Marl – Brassert, ein Anschluss zur Glasfabrik in Dorsten sowie ein Ladegleis am Bahnhof Sinsen hinzu.

Die Fahrzeuge für den Gütertransport waren größtenteils in Herten stationiert. Um den Personenverkehr im Hertener Stadtkern nicht zu stark durch Betriebsfahrten zu beeinträchtigen, wurde eine rund 400 Meter lange Verbindungsstrecke von der Ewaldstraße über die damalige Marktstraße (heute Kurt-Schumacher-Straße) zur Trasse der Strecke von Herten nach Resse und Buer gebaut. Sie wurde am 16. August 1922 in Betrieb genommen.

Die Straßenbahn Herne – Recklinghausen erstellte einen Anschluss zum Stadthafen in Recklinghausen. Dieser wurde zeitweise auch von den Vestischen Kleinbahnen genutzt.

Transportiert wurden in der ersten Phase des Güterverkehrs vor allem Kohle und Baustoffe. 1923 erreichten die Gütertransporte mit 7.852 Tonnen den Höchstwert.

ZUGMASCHINEN UND LOREN

Obwohl die Transportleistungen im Güterverkehr eher gering war, stand den Vestischen Kleinbahnen für die Transporte ein umfangreicher Fahrzeugpark zur Verfügung.

Anfangs kamen als Zugfahrzeuge Triebwagen des Personenverkehrs zum Einsatz. Ab 1920 standen den Vestischen Kleinbahnen drei Straßenbahn-Güterzuglokomotiven zur Verfügung. Die von der Waggonfabrik Uerdingen gebauten Maschinen entsprachen einem für die Westfälische Straßenbahn GmbH entwickelten Baumuster. Sie erhielten später die Betriebsnummern 1003 bis 1005. Darüber hinaus wurden 1925 die Triebwagen 7 und 9 aus der Anfangszeit der Straßenbahn Recklinghausen – Herten – Wanne zu Gütertriebwagen umgebaut (später 1009 und 1008).

Eine weitere, baugleiche Zugmaschine übernahm die Straßenbahn Herne – Recklinghausen 1924 von der Westfälischen Straßenbahnen GmbH (101). Sie kam später unter der Betriebsnummer 1001 zur „Vestischen“.

Im Ersten Weltkrieg wurden im Straßenbahngüterverkehr offene Hänger mit fünf Tonnen Tragfähigkeit eingesetzt (Betriebsnummern 511 bis 521). 1921 wurde dieser Wagenpark um vier, bei Krupp gebaute Kipploren ergänzt (522 bis 525). Durch den Umbau älterer Fahrzeuge entstanden 1924 die Güterwagen 536 und 537 sowie 1925 zehn offene Güterwagen mit 10-Tonnen-Ladegewicht (526 bis 535).

WIEDERAUFNAHME 1944

Zwischen 1925 und 1941 ruhte der Güterverkehr. In dieser Zeit gab es bei den Vestischen Kleinbahnen nur betriebsinterne Materialfahrten. Mangelnde Transportkapazitäten im Straßengüterverkehr führten dazu, dass der Straßenbahngüterverkehr 1941 wieder aufgenommen wurde, zunächst mit Gemüse- und Lebensmitteltransporten. Für diese wurden 1943 in Buer und Gladbeck Stellgleise an den Märkten angelegt.

1944 wurden dann auch Kies, Zement, Steine und andere Materialien, die beim Bau der Bunker im Recklinghausener Stadtgebiet benötigt wurden, mit der Straßenbahn befördert. Dazu wurde der Gleisanschluss am Stadthafen reaktiviert. Bei der Waggonfabrik wurden für die Transporte fünf „Kriegsgüterwagen“ beschafft (560 bis 564). Ähnliche Fahrzeuge erhielten zeitgleich auch die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen von der Waggonfabrik Esslingen.

Auch die 1939 von der Straßenbahn Herne – Recklinghausen übernommenen Loren (230, 276, 279 und 280) wurden während des Zweiten Weltkriegs im Güterverkehr verwendet. Von fünf weiteren Güterwagen sind nur die Betriebsnummern überliefert (274, 275, 277, 278 und 281).

Alle Fahrzeuge des Straßenbahngüterverkehrs wurden nach der Aufgabe der Transporte für den Gleisbau und die Unterhaltung der Bahnanlagen genutzt. Die Ausmusterung der Fahrzeuge erfolgte überwiegend in den 1960er-Jahren.