NACH HENRICHENBURG

Am 5. Oktober 1913 wurde am Hiller Weg (heute Castroper Straße) der Betriebshof Recklinghausen eröffnet. Hier war fortan ein großer Teil der Trieb- und Beiwagen für die Strecken nach Suderwich, Erkenschwick und Datteln untergebracht.

DATTELN – HENRICHENBURG

Der weitere Ausbau des Netzes wurde ab dem Sommer 1913 von Datteln in Richtung Henrichenburg vorangetrieben. Am 5. Dezember 1913 konnte die 5,02 Kilometer lange, nunmehr wieder nach Süden führende Verbindung vom Neumarkt über Meckinghoven bis zur Kanalbrücke in Henrichenburg eröffnet werden.

Die eingleisig angelegte Trasse lag bis Meckinghoven durchgehend auf der Westseite der heutigen B 235. Diese Lage wurde auch auf dem Teilstück bis zum nördlichen Brückenkopf der zwischen Meckinghoven und Henrichenburg über den Stichkanal Baukau – Henrichenburg führenden Brücke (heute Kanalkilometer 44,8 des Rhein-Herne-Kanals) beibehalten. Hier lag die vorübergehende Endstelle „Henrichenburg Kanal“.

Ursprünglich befand sich im Bereich der Siedlung Beisenkamp in Höhe der Einmündung des Hagemer Kirchweges und der Beisenkampstraße eine Ausweiche. Weitere Ausweichen lagen im Bereich der Lukaskreuzung und in Henrichenburg. Die Ausweiche in Höhe der Beisenkampsiedlung wurde bereits nach einigen Jahren wieder entfernt.

ZUM BAHNHOF SUDERWICH

Der vorgesehene Weiterbau der Strecke über Henrichenburg zum Personenbahnhof Suderwich an der Hamm-Osterfelder-Bahn musste sich nach den Fortschritten beim Ausbau des Stichkanals richten. Im Frühjahr 1914 waren die vorgenannte Brücke und die weiter südlich liegende Wartburgbrücke (heute Kanalkilometer 43,2) weitgehend fertiggestellt. Jetzt konnten die Recklinghausener Strassenbahnen mit der Verlegung der Gleise beginnen.

Am 1. März 1914, immerhin vier Monate, bevor am 17. Juli 1914 der Rhein-Herne-Kanal durchgehend befahrbar war, konnten die Recklinghausener Strassenbahnen als nächstes Teilstück des Nordostnetzes die 5,7 Kilometer lange Verbindung durch Henrichenburg und über die Wartburgbrücke zum Bahnhof Suderwich an der Hamm-Osterfelder-Eisenbahn in Betrieb nehmen. Der Personenverkehr wurde am 1. März 1914 aufgenommen.

Im Zentrum von Henrichenburg führte die ursprünglich eingleisige Trasse durch die historische Bebauung im Ortskern. Heute heißt dieser Bereich „Alter Kirchplatz“. Vor der ehemaligen Pfarrkirche St. Lambertus (Maximilian-Kolbe-Haus) befand sich anfangs eine Ausweiche, die in späteren Jahren zu einer etwa 100 Meter langen doppelgleisigen Ortsdurchfahrt in der Freiheitstraße verlängert wurde.

Das nachfolgende Postkartenmotiv zeigt die Ausweiche im Zentrum Henrichenburgs im Jahr 1924. Die alte Pfarrkirche aus dem 13. Jahrhundert hatte man zum Jugendheim umgewidmet, nachdem der Gemeinde seit 1890 ein Neubau im neogotischen Stil zur Verfügung stand (Kunstanstalt Kettling & Krüger, Schalksmühle – Sammlung Stadtarchiv Castrop-Rauxel).

Im weiteren Verlauf der Freiheitstraße wechselte die Trasse auf einen auf der Nordseite der Straße angelegten eigenen Bahnkörper. Dieser führte bis zur Wartburgbrücke.

Nach der Überquerung der Wartburgbrücke wechselte die Straßenbahntrasse erneut von der Straße auf einen auf der nördlichen Straßenseite angelegten Bahnkörper. An der T-Kreuzung mit der Suderwicher Straße wechselte der eigene Bahnkörper nach dem 90-Grad-Bogen in Richtung Suderwich auf die linke Straßenseite.

Westlich des Suderwicher Baches wird die Suderwicher Straße zur Henrichenburger Straße. Nach wenigen Metern folgte vor der heutigen Anne-Frank-Schule (Hausnummer 186) die einzige Ausweiche auf diesem Streckenstück. Hier erfolgte auch der Wechsel vom eigenen Bahnköper in das Straßenplenum. Über die Bahnhofstraße (seit 1926 Sachsenstraße) wurde die vorübergehende Endstelle am Bahnhof Suderwich erreicht.

LÜCKENSCHLUSS

Zwischen dem Bahnhof Suderwich und der Endstelle „Schulstraße“ der Linie Recklinghausen – Suderwich lag jetzt noch eine etwa 1,26 Kilometer messende Lücke. Sie wurde in zwei Schritten geschlossen.

Am 1. Juli 1914 wurde eine Neubaustrecke zwischen dem Bahnhof und der Straßenkreuzung mit der damaligen Brucherstraße (seit 1927 Lülfstraße) in Betrieb genommen. Am 26. September 1915 war dann auch das fehlende Stück bis zur Straßenkreuzung mit der Schulstraße betriebsbereit.

Die letzten Teilstücke der Strecke, zwischen der Bahnhofstraße und der Kreuzung mit der Bruchstraße sowie zwischen der Bruchstraße und der Kreuzung mit der Schulstraße, lag bei der Eröffnung auf freiem Feld. Nach der Einstellung der Straßenbahn wurde deren Trasse mit der heutigen Ehlingstraße überbaut.

Das Beitragsbild dieses Kapitels entstand am 18. Mai 1950 (Foto Dieter Waltking – Sammlung Axel Reuther). Zu diesem Zeitpunkt war die Endstelle in der Martin-Luther-Straße bereits wieder Geschichte, die Kreuzung der Friedrich-Ebert-Straße und der Castroper Straße stand kurz vor dem Ausbau (ich berichte darüber in einem späteren Kapitel). Triebwagen 143 (Uerdingen 1921) steht für die Abfahrt nach Meckinghoven und Henrichenburg bereit. Obwohl am Triebwagen das Fahrtziel Recklinghausen ausgeschildert ist, mussten die Fahrgäste an der Wartburgbrücke ihre Reise unterbrechen und zu Fuß den Kanal überqueren. Auf der Suderwicher Seite stand dann ein Anschlusswagen nach Recklinghausen bereit.