KONZEPT

Die Website „Zwischen Emscher und Lippe“ ist Teil eines größeren Projektes zur Dokumentation der Geschichte des Straßenbahnverkehrs im Ruhrgebiet. Es geht zurück auf meine in den 1980er-Jahren begonnene Buchreihe, mit der ich sowohl Straßenbahnfreunde als auch Heimatfreunde ansprechen wollte.

2020 habe ich begonnen, das Konzept der Buchreihe multimedial weiterzuentwickeln – mit einer neuen Reihe von Websites zur Geschichte des Nahverkehrs im Ruhrgebiet.

Sieben Websites sind bisher erschienen:

Bochumer Nahverkehr

Castroper Nahverkehr

Gelsenkirchener Nahverkehr

Hattinger Nahverkehr

Herner Nahverkehr

Wattenscheider Nahverkehr

Wittener Nahverkehr

Während sich die bisher erschienenen Websites an den Grenzen der Städte Bochum, Wattenscheid, Gelsenkirchen, Herne / Wanne-Eickel, Castrop-Rauxel, Hattingen und Witten orientieren konnten, betrete ich mit der Projekt-Website „Zwischen Emscher und Lippe“ konzeptionell Neuland.

Anders als die meisten Straßenbahnnetze in den Städten des mittleren Ruhrgebiets ist das Netz der späteren Vestischen Straßenbahnen aus polyzentrischen Inselbetrieben im Landkreis Recklinghausen entstanden. Diese wurden zunächst als eigenständige Betriebe geführt. Erst mit der Gründung der aus den Recklinghausener Strassenbahnen hervorgegangenen Vestischen Kleinbahnen GmbH am 25. Mai 1915 entstand aus den Inselbetrieben ein Unternehmen.

Den geographischen Rahmen der Website bilden deshalb als Tribut an die besondere Geschichte des Vests die geographischen Grenzen des Landkreises Recklinghausen an der Wende zum 20. Jahrhundert.

BESONDERHEITEN

Zu den Besonderheiten des Vestischen Netzes gehört die im ÜBERBLICK beschriebene historische Entwicklung aus drei, anfangs voneinander weitgehend unabhängigen Teilnetzen: dem Ostnetz und Nordostnetz mit dem Betriebsmittelpunkt in Herten (und später auch Recklinghausen), dem Westnetz mit dem Betriebsmittelpunkt in Bottrop und dem Bueraner Netz mit dem Betriebsmittelpunkt in Buer.

In den 1920er-Jahren ist zunehmend ein weiteres Charakteristikum zu erkennen: die Erschließung vieler, verhältnismäßig kleiner Ortschaften durch teils parallel geführte Strecken. Beispiele dafür sind die Strecken von Bottrop über Osterfeld nach Klosterhard (1909 / 1921 / 1927), von Recklinghausen über Scherlebeck und Langenbochum nach Herten (1915 / 1923), von Buer über Scholven nach Gladbeck (1920 / 1923 / 1925) sowie von Buer über Westerholt nach Herten (1924 / 1928). In allen Fällen gab es alternativ auch eine Direktverbindung, die zuletzt in drei der vier Beispiele von der Linie 10 befahren wurde.

Während der Takt in anderen Verkehrsnetzen des Ruhrgebiets, etwa im polyzentrischen Netz der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG, durch Einsatz- und Verstärkerwagen bei gleicher Streckenführung verdichtet wurde, geschah dies im Netz der Vestischen Straßenbahnen durch geschickt überlagerte Linienverläufe. Ein 30-Minuten-Takt auf Nebenstrecken wurde damit zum 15-Minuten-Takt auf stärker frequentierten Strecken verdichtet. Ein bekanntes Beispiel aus den 1960er-Jahren ist die Bedienung von Langenbochum durch die Linien 7 und 15.

FLEXIBILITÄT

Die Verläufe der einzelnen Linien wurden in den ersten Jahren häufig verändert. Linienwegsänderungen wurden anfangs fast ausschließlich in den für die Strecken relevanten Lokalzeitungen veröffentlicht. Dies erfolgte zumeist nicht (wie in Bochum und Gelsenkirchen) über einen im Anzeigenteil publizierten Fahrplan, sondern auf dem Weg der redaktionellen Erwähnung.

Die Vestischen Kleinbahnen waren damit in der Lage, ihr Angebot flexibel an die anfangs nicht vorhersehbare Siedlungsentwicklung im nördlichen Ruhrgebiet anzupassen. Vorübergehende Streckensperrungen aufgrund von Bauarbeiten wurden zumeist über eine Änderung der Linienwege (anstelle eines Unterbruchs) kompensiert. Ein Beispiel dafür ist die Reaktion der Vestischen Kleinbahnen auf die kurzfristig durch die Eisenbahndirektion Essen veranlasste Sperrung einer Brücke in Gladbeck.

Erst in den 1930er-Jahren wurden die Liniennummern dauerhafter einzelnen Strecken zugeordnet. In dieser Zeit wurden die ersten Fahrplanhefte gedruckt. Als Folge der vermehrt eingerichteten Gemeinschaftslinien mit Nachbarbetrieben wurde darüber hinaus versucht, die Linienbezeichnungen betriebsübergreifend aufeinander abzustimmen.

KONSTANTEN


In der Folge kristallisieren sich unter den 21 Linien, die es zum Zeitpunkt der größten Ausdehnung im Vest gab, sieben Konstanten heraus:

Die Linie 1 Recklinghausen – Herten – Wanne fuhr mit kurzen Unterbrechungen vom 10. Mai 1901 bis zum 16. August 1970 auf ihrer Stammstrecke.

Die wichtigste West-Ost-Verbindung war die Linie 10. Die Liniennummer wurde 1915 erstmals vergeben. Kontinuierlich gab es sie zwischen 1930 und der Einstellung der Linie 210 am 31. Mai 1981.

Die Linien 2 und 3 waren nach anfänglichen Variationen zwischen 1920 und 1960 über vierzig Jahre auf den Strecken in Suderwich und Erkenschwick unterwegs.

Auf 43 Jahre brachte es die Linie 7, die, mit wechselnden Endstellen, zwischen 1930 und 1973 in Herten zuhause war.

Immerhin 29 Jahre gab es die lange geplante, aber erst 1934 eröffnete Linie 9 als Direktverbindung von Recklinghausen nach Hochlarmark und von dort zum Bahnhof Recklinghausen-Süd.

Nach der Übernahme der 1898 eröffneten Straßenbahn Herne – Recklinghausen war die Linie 18 vom Oktober 1939 bis zum Mai 1979 über vier Jahrzehnte die wichtigste Nord-Süd-Achse. Als Linie 5 / 305 war sie bis zum 4. Oktober 1982 in Betrieb.

STRECKE STATT LINIE

Ich habe aus den Besonderheiten der Netzentwicklung konzeptionell die Enscheidung getroffen, die mit dieser Website vorgelegte Chronik der Geschichte der Straßenbahnen im Vest nicht an einzelnen Linien, sondern an Streckenabschnitten festzumachen. Diese sind unter den Rubriken der Website jeweils nach dem Zeitpunkt ihrer Eröffnung angeordnet.

In den einzelnen Kapiteln werden gleichwohl auch die Linienwege beschrieben, in die der jeweilige Streckenabschnitt eingebunden war. Weblinks zu den korrespondierenden Kapiteln. Nutzer, die sich speziell für eine Linie interessieren, können sich die relevanten Kapitel über die Suchfunktion der Website anzeigen lassen.

Wer sich im Detail für eine Linienchronik interessiert, wird in den sehr guten Büchern von Ralph Bernatz und Klaus Giesen fündig. Der Band „Auf Schienen zur Schicht“ von Klaus Giesen ist zudem eine hervorragende Darstellung des Straßenbahnverkehrs in Bottrop, Gladbeck und Kirchhellen. Die Bücher können im Fachbuchhandel oder online direkt bei den Autoren bezogen werden.

FOTOS

Wichtige Quellen für die zu den Kapiteln ausgesuchten Abbildungen sind die Fotos aus den Archiven der am Bau der Straßenbahnen beteiligten Unternehmen und der städtischen Bauämter. Ein weiterer wichtiger Fundus sind historische Ansichtskarten, private Fotos und Aufnahmen von Verkehrsfreunden. Hinzu kommen Illustrationen aus Tageszeitungen und Zeitschriften.

Die Qualität dieser Vorlagen ist sehr unterschiedlich. Für mich steht im Vordergrund, dass die Abbildungen dazu beitragen, die Geschichte des Nahverkehrs mit den sozialen und regionalen Bezügen zu erzählen.

Um schnelle Ladezeiten zu ermöglichen, sind die Fotos mit einer Breite von 800 Pixel in einer Auflösung von 96 dpi abgespeichert.

Bei den Angaben der Quellen und Fotografen habe ich versucht, sehr gewissenhaft vorzugehen. Sollte einmal ein Bild falsch editiert sein, bitte ich um einen entsprechenden Hinweis.

MITMACHEN

Wenn Sie das Projekt mit Fotos, Postkarten oder anderen historischen Quellen unterstützen möchten, schreiben Sie mir bitte unter der folgenden Adresse:

webmaster[at]vestischer-nahverkehr.de