Die heutige Stadt Datteln geht auf ein seit dem Mittelalter bedeutsames Kirchspiel im Norden des Vestes Recklinghausen zurück. Sie verdankt ihre Entwicklung vor allem dem Bau überregionaler Wasserstraßen: dem 1899 eröffneten Dortmund-Ems-Kanal, dem 1914 freigegebenen Datteln-Hamm-Kanal und dem im gleichen Jahr durchgehend befahrbaren Rhein-Herne-Kanal. Mit dem 1930 erfolgten Anschluss des Wesel-Datteln-Kanals an das Wasserstraßenkreuz Datteln stieg die Bedeutung des Ortes für die Binnenschifffahrt ein weiteres Mal.
Die durch die Kanäle sichergestellte Verkehrsanbindung begünstigte die Ansiedlung des Bergbaus und weiterer Wirtschaftszweige. Bereits 1873 wurden im Bereich des Gutes Löringhof im Westen des Amtes Datteln Kohlevorkommen vermutet. 1901 wurden die Kohlefelder von dem damaligen Familienunternehmen Friedrich Krupp in Essen und dem Norddeutschen Lloyd in Bremen aufgekauft, die sie in das gemeinsame Bergbauunternehmen Gewerkschaft Emscher-Lippe einbrachten.
Am 20. April 1936 wurden dem Amt Datteln Stadtrechte verliehen. Durch die Eingemeindung von Ahsen und Horneburg am 1. Januar 1975 erreichte das Stadtgebiet seine heutige Ausdehnung.
DORTMUND-EMS-KANAL
Der Dortmund-Ems-Kanal, dessen Bau sieben Jahre in Anspruch genommen hatte, wurde am 11. August 1899 durch Kaiser Wilhelm II. eröffnet. Er beginnt in Dortmund und führt über das Kanalkreuz in Datteln und Münster bis zur Ems bei Gleesen. Im weiteren Verlauf folgt er der Ems bis Papenburg, wobei teilweise das Flussbett der Ems und teilweise der bereits 1828 fertiggestellte Ems-Hase-Kanal als Kanalstrecke genutzt werden.
Die als Beitragsbild gezeigte, einfach gedruckte Postkarte wurde bereits 1898 als Gruß aus Datteln verschickt (Postkarte ohne Verlagsangabe – Sammlung Ludwig Schönefeld). Sie dokumentiert die letzte Phase des Kanalbaus, als die Kanalbrücken bereits montiert waren, die Bauarbeiten am Kanal jedoch noch nicht abgeschlossen waren:
RHEIN-HERNE-KANAL
In Henrichenburg sollte der Anschluss an den Herner Stichkanal hergestellt werden. Dessen Kanalbett hatte man bereits zwischen 1893 und 1896 zwischen Baukau und Henrichenburg ausgehoben. Nach der Stilllegung des Herner Abschnitts am 15. Oktober 1937 wurde der Abschnitt zwischen der Schleuse Herne-Ost und Henrichenburg 1950 dem Rhein-Herne-Kanal zugeordnet.
HEBEWERK UND SCHACHTSCHLEUSE
Um die 14 Meter (heute 13,5 Meter) Höhenunterschied zwischen dem östlichen Dortmund-Ems-Kanal und dem Herner Stichkanal zu überwinden, war in Henrichenburg der Bau eines Schiffshebewerks vorgesehen. Der Baugrund erwies sich jedoch als zu sandig. Der Bauplatz wurde deshalb nach Nordosten auf das Gebiet der Bauerschaft Oberwiese verlegt. Der geplante Name „Schiffshebewerk Henrichenburg“ wurde beibehalten.
Für die Führung der Straßenbahnlinien im Umfeld von Datteln ist ein zweites Wasserbauwerk deutlich interessanter: Die zwischen 1909 und 1914 zur Entlastung des Hebewerks errichtete Schachtschleuse Henrichenburg. Um sie zu bauen, musste man sich für die Führung der von Meckinghoven quer über den Bauplatz der Schachtschleuse nach Waltrop führenden Provinzialstraße eine Lösung einfallen lassen. Sie bestand darin, die Straße auf der Unterwasserseite in das Bauwerk zu integrieren. Ihre Konstruktion war von Anfang an stabil genug, um sowohl 1924 die Straßenbahnlinie von Meckinghoven nach Brambauer als auch den heutigen Verkehr aufnehmen zu können.
Das Schiffshebewerk war bis zur Inbetriebnahme einer neuen Schleuse im Jahr 1962 in Betrieb. Die Schachtschleuse wurde 1990, nach der Inbetriebnahme einer zweiten neuen Schleuse, stillgelegt. Heute stehen beide Bauwerke unter Denkmalschutz und bilden den Standort Henrichenburg des Westfälischen Industriemuseums.
Die nachfolgende Postkarte zeigt das 1899 in Betrieb genommene Schiffshebewerk Henrichenburg im Jahr 1957 (Verlag Cramers Kunstanstalt, Dortmund – Sammlung Ludwig Schönefeld). Damals dachte noch kein Binnenschiffer daran, dass das Bauwerk später eines der wichtigsten Industriedenkmale im Ruhrgebiet werden sollte.
KURIOSITÄT AM KANAL
Während der Bauarbeiten für den Kanal, das Schiffshebewerk und die Schachtschleuse wurden die Baracken für die Bauarbeiter auf dem an der Provinzialstraße liegenden Gelände zwischen dem Unterwasser des Hebewerks im Süden und dem Unterwasser der Schachtschleuse im Norden untergebracht. Man hatte die Arbeiter in Gebieten angeworben, die überwiegend protestantisch waren. Die Gottesdienste wurden anfangs in der Kanalbaukantine sowie im Saal der Wirtschaft Niehage abgehalten. 1899 gründeten die Bauarbeiter die evangelische Kirchengemeinde Waltrop-Datteln. Zwei Jahre später, am 1. November 1901, konnten sie in der Siedlung die Friedenskirche einweihen.
Da die Provinzialstraße von alters her das Gebiet von Datteln und Waltrop trennte, trifft man bis heute zwischen Meckinghoven und der Schachtschleuse auf eine Kuriosität. Die Häuser auf der südlichen Seite der Provinzialstraße gehören zum Stadtgebiet von Waltrop. Die Gebäude auf der nördlichen Seite und die Kirche sind dagegen – wie die ehemalige Trasse der Straßenbahn – Teil des Stadtgebietes von Datteln.
Im Zweiten Weltkrieg litten der Kanal, der Schleusenpark und die benachbarten Wohngebiete unter zahlreichen Angriffen. Die stark zerstörte Friedenskirche wurde 1949 wiederaufgebaut. Zwischen 2006 und 2016 diente sie als seelsorgerische Anlaufstelle für Binnenschiffer. Seit 2017 kümmert sich der Förderverein „Freunde und Förderer des Schiffshebewerk- und Schleusenparks Waltrop e.V.“ um den Erhalt des Bauwerks.