LIEBE KLEINE
SCHAFFNERIN

Bereits 1915 wurden bei den Recklinghausener Strassenbahnen erstmals weibliche Arbeitskräfte eingestellt, um die zum Wehrdienst im Ersten Weltkrieg eingezogenen Männer zu ersetzen.

Nach dem Ende des Krieges gaben die Frauen ihre Tätigkeit im Fahrdienst auf. Im Zuge der Mobilmachung für den Zweiten Weltkrieg griff man für den Betriebsdienst erneut auf die Frauen zurück: Ab dem 1. September 1939 rekrutierte die Vestische Kleinbahnen GmbH erneut Schaffnerinnen. Am Jahresende waren 81 der 924 Mitarbeitenden weibliche Arbeitskräfte.

Im April 1943 wurden bei dem inzwischen in Vestische Strassenbahnen GmbH umbenannten Verkehrsbetrieb die ersten Frauen zu Straßenbahnfahrerinnen ausgebildet. Ende 1943 waren 660 von 990 Mitarbeitenden Frauen.

Mit dem 1942 von Rudolf Carl uraufgeführten Schlager „Liebe kleine Schaffnerin“ hatte die Arbeit bei der Vestischen Strassenbahnen GmbH wenig zu tun. Neben dem aufwendigen Fahrscheinverkauf sowie der Entwertung der Fahrscheine mit der Lochzange waren die Schaffnerinnen an kritischen Punkten und bei Rangiermanövern für das Absichern des Straßenbahnzuges sowie für das An- und Abkuppeln der Beiwagen verantwortlich. Hinzu kamen Statistik und Abrechnung nach jeder Fahrt.

Die für die Statistik benötigten Unterlagen wurden in einer Schaffnermappe aufbewahrt. Eine dieser Mappen blieb, einschließlich der eingeklebten Tarifübersicht für das Jahr 1946, im Archiv für Straßenbahnverkehr erhalten (Sammlung Ludwig Schönefeld):

Anders als bei der benachbarten Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG wurden die weiblichen Arbeitskräfte bei den Vestischen Straßenbahnen nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges weiterbeschäftigt. 1955 gab es noch immer 70 Frauen im Fahrdienst. 1957 wurden sogar 73 Kurzdienstschaffnerinnen neu eingestellt.

Mit der Einführung schaffnerloser Wagen sank vor allem der Anteil der als Fahrerin oder Schaffnerin beschäftigten Frauen. 1971 arbeiteten gerade einmal 17 Frauen im Fahrdienst.

Obwohl die Vestischen Straßenbahnen neben männlichen Arbeitskräften kontinuierlich auch Frauen für den Fahrdienst auf Straßenbahnwagen und Omnibussen ausbildeten, blieb ihr Anteil gering. Im Jubiläumsjahr 2001 waren 47 Frauen im Fahrdienst der „Vestischen“ beschäftigt.

Das Beitragsbild wurde ebenso wie das folgende Privatfoto zu Ostern 1949 im Betriebshof Herten aufgenommen. Dazu traf man sich im Kreis von Kolleginnen und Kollegen vor der Fensterfront des Betriebsgebäudes an der Clemensstraße (Sammlung Ludwig Schönefeld). Wer auf dem Bild zu sehen ist, ließ sich bisher nicht feststellen. Die Fotos wurden 2024 von einem Online-Antiquariat in Bukarest angeboten.

Ich freue mich über jeden Hinweise zu den gezeigten Personen:
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