Am 15. Mai 1915 wurden auf Betreiben des Kreises Recklinghausen alle bisher im Kreisgebiet eröffneten Straßenbahnstrecken rückwirkend zum 1. Januar 1915 in eine GmbH eingebracht. Die Aufgaben der Verwaltungsausschüsse übernahm nunmehr die Geschäftsführung der Vestischen Kleinbahnen GmbH. Als Sitz der Gesellschaft wurde Herten festgelegt.
Warum aber gerade Herten und nicht die Stadt Recklinghausen? Herten hatte zum Zeitpunkt der Gründung der Vestischen Kleinbahnen gerade einmal rund 17.000 Einwohnerinnen und Einwohner. In Recklinghausen waren zum gleichen Zeitpunkt bereits rund 54.000 Menschen gemeldet.
Aus Sicht der Straßenbahn jedoch war Herten bedeutender. Bereits 1896 hatte man beschlossen, eine Straßenbahnverbindung über Crange nach Wanne zu bauen. Für den Bau des Betriebshofes hatte man vermutlich bereits damals ein großes Grundstück an der Ewaldstraße in Höhe der Einmündung der Clemensstraße reserviert.
Zum Bau der Straßenbahn kam es zwar erst einige Jahre später. Jedoch konnten die Mitarbeitenden, die in den Jahren 1900 und 1901 am Bau der Strecke von Wanne über Crange und Herten nach Recklinghausen beteiligt waren, wertvolle Erfahrungen bezüglich der Anlage der Trassen sammeln. Deshalb beauftragte der Kreis die Straßenbahn Recklinghausen – Herten – Wanne in den folgenden Jahren mit dem Bau und nachfolgend auch mit der Betriebsführung weiterer Straßenbahnprojekte. Der 1913 in Recklinghausen eröffnete zweite Betriebshof hatte demgegenüber anfangs im Wesentlichen die Funktion einer Wagenhalle.
Auch in späteren Jahren hatte der Standort Herten für die Weiterentwicklung der Straßenbahnen im Netz entscheidende Bedeutung. Bei der Umwidmung der Kleinbahnen zur Vestischen Straßenbahnen GmbH wurde der Verwaltungsstandort Herten beibehalten. So blieb es auch nach dem Umzug des Unternehmens an den aktuellen Standort an der Westerholter Straße 550.
Im Fokus der nachfolgenden Kapitel stehen die seit 1901 vom Betriebshof Herten ausgehenden Strecken stehen: die Stammlinie von Wanne über Herten nach Recklinghausen, aber auch die Verbindungen nach Resse, Buer und Erle sowie nach Langenbochum und Hochlarmark.
Das Beitragsbild zeigt die Hertener Ewaldstraße im Jahr 1919. Im Hintergrund nähert sich der auf der Linie 1 (Recklinghausen – Herten – Wanne-Eickel) eingesetzte Triebwagen 126 (Verlag Cramers Kunstanstalt, Dortmund – Sammlung Ludwig Schönefeld).