Am 24. Dezember 1915 konnten die Vestischen Kleinbahnen die Neubaustrecke von Recklinghausen über Scherlebeck nach Langenbochum in Betrieb nehmen. Am Tag zuvor hatte man den Personenverkehr zwischen Buer Rathaus und Hassel aufgenommen. Im Kriegsjahr 1916 kam der Bau neuer Strecken dann weitgehend zum Erliegen. Allein die für den Anschluss der Bueraner Strecke wichtige Verbindung von Resse nach Buer konnte am 24. August 1916 noch fertiggestellt und in die durchgehende Linie 10 (Resse – Buer – Hassel) eingebunden werden. Nachdem bereits kurz darauf die Liniennummer wechselte (Linie 12), kehrte die Linie 10 mit dem Fahrplanwechsel am 1. Juli 1921 zurück, nunmehr auf der Verbindung Recklinghausen – Disteln – Herten – Resse – Buer – Scholven.
Der Bau einer Straßenbahnverbindung von Herten nach Langenbochum kam aufgrund des kräftezehrenden Verlaufs des Ersten Weltkriegs nicht zustande. Erst Anfang der 1920er-Jahre konnte die für die Stadtentwicklung Hertens wichtige Verbindung realisiert werden.
Am 5. Januar 1923 wurde der Linienverkehr auf der 2,6 Kilometer langen Verbindung aufgenommen. Die Trasse zweigte von der Kaiserstraße in Herten in Richtung Norden ab. Dabei benutzte die Straßenbahn zunächst bis zur damaligen Gartenstraße (heute Mühlenstraße) einen auf Brachland angelegten eigenen Bahnkörper. Im weiteren Verlauf wurde die Trasse der Feldstraße genutzt. Sie hieß in Langenbochum bis zur Eingemeindung im Jahr 1926 Hertener Straße.
Bis zur Haltestelle Barbara-Kirche lag das Gleis in der Straßenmitte der Feldstraße. Vor der anschließenden Steigung wechselte die Trasse auf einen eigenen Bahnkörper auf der westlichen Straßenseite. Hier entstand am 3. Oktober 1970 das folgende Bild (Foto Wolfgang Hilger – Sammlung Ludwig Schönefeld).
Der eigene Bahnkörper wurde in Langenbochum bis zur Kreuzung mit der heutigen Westerholter Straße beibehalten. Nach der Überquerung der Zechenanschlussbahn (heute „Allee des Wandels“) ging es in mittiger Lage weiter bis zur Endstelle. Für diese wurde ein Abzweig von der damaligen Hertener Straße in die Schlägel-und-Eisen-Straße angelegt.
Die Züge der Zechenbahn sorgten auf der Linie 7 häufig für Verspätungen. So auch im April 1973, als Arnt-Ulrich Mann wenige Tage vor der Einstellung des Straßenbahnverkehrs das Beitragsbild dieses Kapitels aufnahm (Sammlung Wolfgang R. Reimann). Auf der Zechenbahn kreuzt die 1968 von Henschel gebaute Lok 404 der Ruhrkohle AG (Typ EA 1000). Sie wurde 1999 nach einem Unfall verschrottet.
LINIE 10
Nach der landespolizeilichen Abnahme wurde der Linienverlauf der Linie 10 zugeordnet. Sie fuhr zunächst von Hassel über Buer, Herten und Langenbochum nach Recklinghausen., nach der Eröffnung der Strecke Buer – Westerholt übernahm sie auch dieses Teilstück.
Ab 1925 wurde die „10“ von Buer aus zum Bahnhof Gladbeck-Ost geleitet, ab 1929 fuhr sie auf diesem westlichen Streckenast über Scholven.
LANGENBOCHUM – MARL
Beim Bau der Strecke von Herten nach Langenbochum spielte man mit dem Gedanken, eine weitere Strecke von Langenbochum nach Marl zu führen. In den 1920 beim Regierungspräsident eingereichten Bauzeichnungen war dafür bereits eine Gleiskreuzung in Höhe der Schlägel-und-Eisen-Straße vorgesehen.
Auch in den folgenden Jahren hielten die Vestischen Kleinbahnen offenbar an diesem Plan fest. Anders ist es kaum zu erklären, dass man über Jahre an der Schlägel-und-Eisen-Straße in Langenbochum umfangreiche Rangiermanöver in Kauf nahm, um für die Fahrt von und nach Recklinghausen den Triebwagen umzusetzen.
Erst in der Aufbauphase nach dem Zweiten Weltkrieg wurde – wie schon 1915 erneut über die Siedlungsgrundstücke der Zeche – eine kurze Neubaustrecke zwischen der Feldstraße und der Langenbochumer Straße gebaut, dank derer die Rangierfahrten entfielen. Für die Straßenbahnfreunde war der vollständig im Grünen liegende eigene Bahnkörper später ein beliebtes Fotomotiv. Heute ist er überbaut.
LINIE 7
Die ursprünglich für die Verbindung von Recklinghausen nach Langenbochum vorgesehene Linienbezeichnung 7 wurde erst mit dem Fahrplanwechsel am 20. Mai 1930 eingeführt. Ausgangspunkt war der Recklinghausener Bahnhof. Von dort fuhr die „7“ jetzt über Scherlebeck, Langenbochum und Herten nach Wanne-Eickel.
Ab jetzt blieb die Linienbezeichnung für das Streckenstück von Recklinghausen über Langenbochum nach Herten erhalten. Vom 15. Februar 1934 an fuhr die „7“ ab Herten über die zuvor von der Linie 15 bediente Strecke bis zum Westfalenhaus in Hochlarmark. Am 1. Mai 1935 wurde der Gleiswechsel in der Hertener Kaiserstraße zur Endstelle der Linie 7, ab dem 15. Oktober 1938 fuhr sie über Herten hinaus bis zur Endstelle Hohewardstraße in Höhe des Volksparks und Gasthauses „Katzenbusch“.
Am 1. Mai 1944 wurde die Linie 7 vorübergehend eingestellt. Nach kriegsbedingten Provisorien kehrte sie am 18. Mai 1950 auf den bis 1944 befahrenen Linienweg zurück. Ein Jahr später, ab dem 1. Februar 1952 fuhr sie bis zur neu angelegten Endstelle Nonnenbuschweg.
AUSWEICHEN FÜR DIE 15
Zur Taktverdichtung wurde ab dem 20. Oktober 1957 die Linie 15, die zuvor von Buer Rathaus über Westerholt bis zur Kaiserstraße in Herten fuhr, über Langenbochum und Scherlebeck bis Recklinghausen Hauptbahnhof verlängert.
Um den Parallelverkehr der Linien im 15-Minuten-Takt auf der überwiegend eingleisigen Strecke zu ermöglichen, waren neue Ausweichen nötig. Diese wurden an der Haltestelle Vockeradtstraße (vormals Westerholter Weg) in Recklinghausen, an der Haltestelle Bergstraße in Scherlebeck sowie an der Haltestelle Hahnenbergstraße in Langenbochum eingebaut.
EINSTELLUNG 1973
Obwohl die Strecke zum Nonnenbuschweg ab Katzenbusch rund 1,4 Kilometer über weitgehend unbebautes Gebiet führte, blieb sie bis zur gesamthaften Einstellung der Linie 7 am 1. Mai 1973 in Betrieb. Über mehr als zwei Jahrzehnte verkehrte die „7“ auf der Relation Recklinghausen Hbf. – Langenbochum – Herten Nonnenbuschweg. Zuletzt waren überwiegend die vierachsigen Großraumwagen im Einsatz. Der Betrieb mit Beiwagen wurde bereits 1958 eingestellt.
Nachdem die Linie 1 bereits am 16. August 1970 auf dem Teilstück von Herten nach Wanne eingestellt worden war, blieb von den Linien 1 und 7 noch die durch die Hertener Innenstadt führende Zufahrt zur Hauptwerkstatt erhalten. Sie wurde beim Ausbau der Ewaldstraße zu einer Fußgängerzone zurückgebaut und blieb als eingleisige Betriebsstrecke bis zum 31. Mai 1981 in Betrieb.
Das abschließende, am 2. Juli 1966 aufgenommene Foto zeigt Triebwagen 349 auf der Feldstraße. Er ist von Herten nach Langenbochum unterwegs (Fotos Wolfgang R. Reimann).